Zum zweiten Mal nach 2013 stellt sich Dirk Vöpel im Wahlkreis Oberhausen / Wesel III (Dinslaken) den Bürgerinnen und Bürgern, will wieder für die SPD in den Deutschen Bundestag gewählt werden. Wir sprachen mit ihm über die Leistungen der SPD in der großen Koalition, die Wahlkreisarbeit, den Verteidigungsausschuss und seine Wahlkampftour.
Warum soll man eigentlich den Dirk Vöpel wieder in den Bundestag wählen?
Dirk Vöpel: Weil ich erstens davon ausgehe, dass ich meinen Wahlkreis in den letzten vier Jahren in Berlin gut vertreten habe und deshalb die Wählerinnen und Wähler mit gutem Gewissen darum bitten kann, meinen Arbeitsvertrag um vier weitere Jahre zu verlängern. Und weil es zweitens noch nie geschadet hat, möglichst viele direkt gewählte SPD-Abgeordnete aus dem Ruhrgebiet in den Bundestag und in die SPD-Fraktion zu schicken. Wir sind hier im tiefen Westen mit unseren Problemen ja nicht gerade in Sichtweite von Berlin. Daher braucht unsere Region eine starke Lobby im Bundestag, aber auch in der eigenen SPD-Bundestagsfraktion, damit unsere Interessen nicht unter die politischen Räder kommen. Und das machen die Sozis aus dem Ruhrpott ziemlich gut.
Inwiefern hat der Wahlkreis Oberhausen / Dinslaken von der Arbeit seines einzigen direkt gewählten Abgeordneten profitiert?
Dirk Vöpel: Also beim Thema Kommunalfinanzen haben wir in dieser Wahlperiode schon erhebliche Fortschritte erzielt. Die Verbesserung der Finanzsituation der Städte und Gemeinden war für uns in der SPD von Anfang an ein Kernanliegen. Gegen teilweise erbitterten Widerstand aus der Union konnten wir etliche Milliarden aus dem Bundeshaushalt zur direkten oder indirekten Unterstützung insbesondere der finanzschwachen Kommunen mobilisieren. Noch wichtiger: Endlich hat der Bund angefangen, sich direkt an der Beseitigung des riesigen Investitions- und Sanierungsstaus in den ärmeren Städten zu beteiligen. Ich weise hier nur auf das 3,5 Milliarden Euro schwere Programm zur Schulsanierung hin, von dem Oberhausen und Dinslaken in den kommenden Jahren massiv profitieren werden. Gemeinsam mit dem in 2015 beschlossenen Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen, sind dies immerhin 7 Milliarden Euro, die der Bund zielgerichtet und nicht mit der „Gießkanne“ für Investitionen bereitgestellt hat. Natürlich ist das alles längst noch nicht genug, um unsere Infrastruktur wieder auf Vordermann zu bringen, aber ein Anfang ist gemacht. Und dieser Erfolg geht eindeutig auf das Konto der SPD.
Die Städte des Ballungsraums Ruhrgebiet fanden lange nur wenig Gehör in Berlin. Wie kam es zu der neuen Entwicklung?
Dirk Vöpel: Da spielt unsere fraktionsinterne Arbeitsgruppe „Ruhrgebiet“ eine zentrale Rolle. Hier haben sich die SPD-Abgeordneten aus dem Ruhrgebiet zusammengetan und dann konsequent Lobby-Arbeit fürs Revier betrieben. Denn die Probleme sind ja überall gleich, von Duisburg bis Dortmund. Aus dieser Einsicht entsteht Politik, die auch was erreicht. Wir haben da alle an einem Strang gezogen. Das war erfolgreich und hat Spaß gemacht.
Man hat ohnehin den Eindruck, dass die SPD als kleinerer Partner dennoch die treibende Kraft in der Großen Koalition war.
Dirk Vöpel: Völlig richtig. Es gibt da diesen alten Lästerspruch, dass 30 Prozent der Leute 80 Prozent der Arbeit erledigen. Das ist im Allgemeinen natürlich Quatsch, aber bezogen auf den Politikbetrieb in Berlin trifft es den Nagel auf den Kopf. Der SPD-Teil der Bundesregierung und die SPD-Bundestagsfraktion haben in den letzten vier Jahren ein politisches Projekt nach dem anderen angestoßen und durchgesetzt. Mindestlohn, Rentenpaket, Reaktivierung des Programms „Soziale Stadt“, Mietpreisbremse, mehr Lohngerechtigkeit für Frauen und Männer, Meister-BAföG und so weiter und so fort: Das trägt alles den „Sozi pur“-Herkunftsstempel. Wenn man alleine mit Leistungsbilanzen Wahlen gewinnen könnte, wäre das Rennen für die SPD schon gelaufen. In Wirklichkeit wird viel von dem, was wir als SPD erreicht haben, der Kanzlerin gut geschrieben. Und die Merkel schmückt sich regelmäßig und ungeniert mit fremden politischen Federn. Sie ist eine notorische politische Urheberrechtsverletzerin. Ein Grund mehr, für einen Wechsel im Kanzleramt zu kämpfen.
Welchen Stellenwert hat die Wahlkreisarbeit für dich?
Dirk Vöpel: Einen ganz zentralen. Es ist ein großer Vertrauensbeweis, wenn einen die Menschen direkt in den Bundestag wählen. Das ist etwas anderes als über einen relativ sicheren Listenplatz in ein Parlament einzuziehen und macht einen schon gefühlte 10 Zentimeter größer. Für uns SPD-Abgeordnete aus dem Ruhrgebiet gilt ohnehin das eherne Gesetz: Gewinn deinen Wahlkreis oder du bist raus. Wir stehen immer auf den hintersten Plätzen der Reserveliste. Aus Überzeugung und aus eigenem Interesse heraus müssen wir die Probleme der Menschen in unseren Wahlkreisen als den politischen Ernstfall betrachten. Ich versuche deshalb immer, so engen Kontakt wie nur möglich zu den Menschen in meinem Wahlkreis zu halten und so oft es der Kalender erlaubt, vor Ort präsent zu sein. Das ist angesichts von jährlich 22 bis 23 Sitzungswochen, die ein MdB nun mal an seinem Berliner Arbeitsplatz verbringen muss, einfacher gesagt als getan. Aber das bleibt mein selbst gestellter Anspruch, an dem ich mich auch messen lasse. Ich möchte nicht in erster Linie als brillanter Fachpolitiker unter der Kuppel des Reichstags schweben, sondern mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen in Oberhausen und Dinslaken stehen.
Das war deine erste Wahlperiode. Was hat dich in dieser Zeit am meisten überrascht?
Dirk Vöpel: Ich hätte nie erwartet, wie oft Bürgerinnen und Bürger sich mit ihren großen und kleinen Sorgen und Nöten an den vor Ort zuständigen MdB wenden. Aus ihrer Sicht muss ein Volksvertreter eben auch eine Art „Bürgeranwalt“ sein, der sich für ihre Interessen einsetzt. Die formale Unterscheidung zwischen den jeweiligen „Zuständigkeiten“ von Bund, Land oder Stadt interessiert dabei im Zweifel niemanden, der mit einem drängenden Problem zu mir kommt. Da wird erwartet, dass ich mich einsetze. Ich kann natürlich nicht in jedem Fall helfen. Es gibt Menschen, die sind mit einem ganz schrecklichen Schicksal geschlagen. Aber das sind dann schon die Sonnenschein-Stunden in meinem Job, wenn sich Leute bei mir bedanken, weil ich bei der Lösung eines Problems weiter helfen konnte. Deshalb ist und bleibt die regelmäßige Bürgersprechstunde, zu der ich im Schnitt alle vier bis fünf Wochen einlade, ein zentrales Instrument meiner Wahlkreisarbeit.
Wie kommt man eigentlich als ehemaliger Zivildienstleistender in den Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages?
Dirk Vöpel: Gute Frage. Das Leben ist kein Wunschkonzert, auch nicht im Bundestag. Als Neuling stellt man sich erst mal hinten an. Und so habe ich den Platz im Verteidigungsausschuss sozusagen von meinem Vorgänger Mike Groschek „geerbt“. Seitdem beschäftige ich mich fachpolitisch mit der Bundeswehr. Und wer die Nachrichten verfolgt, weiß: Das ist wirklich eine Riesenbaustelle für sich. Ich habe in der Tat als junger Mann keinen Wehrdienst geleistet und kam deshalb mit größtmöglicher Bundeswehrferne in den Ausschuss. Das hat aber nicht geschadet, im Gegenteil: Wenn man sich schnell und gründlich in ein ganz neues Themenfeld einarbeiten muss, ist es durchaus von Vorteil, wenn man da halbwegs unbelastet rangehen kann.
Die Arbeit im Verteidigungsausschuss hat aber keinen besonderen Bezug zum Wahlkreis, oder?
Dirk Vöpel: Nein, hat sie nicht. Aber sie gehört ohne Zweifel zu den verantwortungsvollsten Aufgaben im Deutschen Bundestag, gerade in Zeiten wie diesen. Wenn wir im Ausschuss über die Auslandseinsätze der Bundeswehr streiten oder über die zukünftige Ausrichtung unserer Streitkräfte, über die Rolle der NATO oder eine bessere militärische Zusammenarbeit in der EU: Es geht letztlich immer um die existenzielle Frage, wie wir Frieden und kollektive Sicherheit in Europa auch in den nächsten Jahrzehnten erhalten können. Dabei trete ich sehr dafür ein, den Blick nicht auf das Militärische zu verengen. Angesichts zahlreicher Konflikt- und Krisenherde in der unmittelbaren Nachbarschaft Europas brauchen wir mehr diplomatisches Feuerlöschen und weniger militärisches Zündeln, wenn die Dinge nicht aus dem Ruder laufen sollen.
Bei der SPD dreht sich in diesem Wahlkampf alles um den Schlüsselbegriff „Gerechtigkeit“. Kannst du den mal etwas konkreter fassen?
Dirk Vöpel: Also zunächst mal ist Gerechtigkeit für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ein Wert, der ganz tief in unserer historischen Erbmasse verankert ist. Gerechtigkeit war vom Anbeginn der Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert eine zentrale Forderung der SPD. Und leider muss Gerechtigkeit auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts immer noch ein ganz großes Thema sein. Ist es zum Beispiel gerecht, wenn Frauen für die gleiche Arbeit im Schnitt immer noch 21 Prozent weniger verdienen? Ist es gerecht, wenn Menschen ihr Leben lang geschuftet haben, und dann zum Sozialamt gehen müssen, weil die Rente hinten und vorne nicht reicht? Ist es gerecht, wenn wir jahrzehntelang den Aufbau Ost finanziert haben, aber jetzt nicht ausreichend Geld in die Hand bekommen, um endlich mal die maroden Brücken, Straßen und Schulen im Westen zu sanieren? Und ist es gerecht, wenn wir nach wie vor eine Art Zweiklassen-Gesellschaft im Gesundheitswesen haben mit einem finanziellen Anreizsystem, das zur systematischen Benachteiligung von Kassenpatienten führt? Wir sagen: Ein gerechteres Deutschland ist ein besseres Deutschland. Und deshalb braucht dieses Land nicht weniger, sondern mehr „Sozi pur“.
Womit wir beim Wahlkampf wären. Der jüngste Trend sind ja Hausbesuche oder Haustüraktionen der Kandidatinnen und Kandidaten. Wirst du auch so was machen?
Dirk Vöpel: Nein, ich klingle nicht unangemeldet bei den Leuten an der Haustür, das ist nicht mein Stil. Aber natürlich bin ich kreuz und quer im Wahlkreis unterwegs, um mich und meine Positionen den Menschen vorzustellen. Ich dränge mich aber nicht auf, sondern mache Gesprächsangebote in der unmittelbaren Nachbarschaft der Menschen nach dem Motto „Auf einen Kaffee mit Dirk Vöpel“. Ich renne den Leuten nicht die Haustüren ein, aber ich komme mit meinem Team und einem großen Pott Kaffee ganz in ihre Nähe. Meistens stellen wir uns mit einem mobilen Infostand für knapp eineinhalb Stunden an einen markanten Punkt im Sprengel, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Die Termine und Standorte werden natürlich vorher per Flugblatt bekannt gegeben. Das läuft super.