Dirk Vöpel MdB

Der Newsletter zur Sitzungswoche vom 08.10.-12.10.2018

 

Der Rentenpakt: Kurswechsel in der Rentenpolitik

Rente

Im Alter abgesichert zu sein, ist ein Kernversprechen des Sozialstaats. Dieses Versprechen ist für die SPD-Fraktion Verpflichtung. Durch die Alterung der Gesellschaft drohen derzeit ein Sinken des so genannten Rentenniveaus und zugleich steigende Beiträge zur Rentenversicherung. Deshalb haben die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union Druck gemacht, die Alterssicherung zu stärken. Damit wird ein echter Kurswechsel in der Rentenpolitik eingeleitet.

 

Der Bundestag hat am Donnerstag erstmals über den Rentenpakt von Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) debattiert. Mit diesem Gesetzespaket werden ein Rentenniveau vor Steuern bei 48 Prozent und ein Beitragssatz bei rund 20 Prozent gesichert (Drs. 19/4661). Diese beiden Haltelinien sollen vorerst bis 2025 gelten.

Was genau sich ändert:

Um das Rentenniveau bei 48 Prozent stabil zu halten, soll die Rentenanpassungsformel um eine Niveausicherungsklausel ergänzt werden. Sie sorgt dafür, dass die Renten bis 2025 so angepasst werden, dass mindestens ein Niveau von 48 Prozent erreicht wird.

Um den Beitragssatz bei 20 Prozent zu halten, soll eine Beitragssatzgarantie eingeführt wer-den. Hierzu werden bei Bedarf weitere Steuermittel bereitgestellt. Zusätzlich verpflichtet sich der Bund in den Jahren 2022 bis 2025 zu Sonderzahlungen in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr als Finanzierungssockel für die Rentenversicherung. Ein stabiles System der Altersvorsorge ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen – aus diesem Grund ist eine stärkere Finanzierung mit Steuergeldern gerechtfertigt. So wird auch gewährleistet, dass nicht eine Generation diese Aufgabe allein schultern muss.

Verbesserung der Erwerbsminderungsrente

Der Rentenpakt sieht noch eine weitere erhebliche Verbesserung bei der sozialen Sicherheit vor. Dabei geht es um Menschen, die in Zukunft nur noch ganz wenig oder gar nicht mehr arbeiten können – die also erwerbsgemindert sind. Gerade wer aus gesundheitlichen Gründen früher aus dem Berufsleben ausscheiden muss, braucht den Schutz der Solidargemeinschaft.

Darum soll die so genannte Zurechnungszeit zweimal angehoben werden. Für Rentenzugänge im Jahr 2019 wird die Zurechnungszeit in einem Schritt auf das Alter von 65 Jahren und acht Monaten angehoben und für Neuzugänge von 2020 an schrittweise auf das vollendete 67. Lebensjahr. Die Rente wird dann so berechnet, als hätten die Betroffenen nach Eintritt ihrer Erwerbsminderung bis zu diesem Alter weitergearbeitet. Dadurch erhöht sich deren Erwerbsminderungsrente. Von 2019 an profitieren davon mehr als 170.000 Menschen.

Entlastung bei geringen Einkommen

Außerdem wird die Koalition mit dem Gesetzespaket knapp 3,5 Millionen Menschen mit nur geringem Einkommen bei der Beitragszahlung entlasten. Das Gute: Ihre Rentenanwartschaften verschlechtern sich dadurch nicht. Denn vor allem Menschen mit wenig Einkommen sind auf finanzielle Spielräume angewiesen.

Konkret sieht das so aus: In der bisherigen Gleitzone zahlen Beschäftigte mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von 450 bis 850 Euro verringerte Arbeitnehmerbeträge. Diese Gleitzone soll zu einem sozialversicherungsrechtlichen Übergangsbereich mit einer auf 1300 Euro angehobenen Grenze der Beitragsentlastung weiterentwickelt werden. Man zahlt also weniger Beiträge.

Ausweitung der Mütterrente

Schließlich wird allen Müttern oder Vätern für ihre Kinder, die vor 1992 geboren worden sind, bei der Rente ein weiteres halbes Jahr bei der Kindererziehung angerechnet. Davon werden auch rund zehn Millionen Menschen profitieren, die bereits Rente beziehen. Dass diese Regelung nun doch für alle gilt, und nicht nur für Eltern mit mindestens drei Kindern, hat die SPD-Fraktion durchgesetzt.

Mit diesen umfangreichen Maßnahmen stärkt die Koalition das Vertrauen in die gesetzliche Rente – die sich aller Unkenrufe zum Trotz auch in den Finanzkrisen als stabiler Faktor in der Alterssicherung erwiesen hat.

Wichtig ist für die SPD-Bundestagsfraktion jedoch, diese Sicherheit auch über 2025 festzuschreiben. Auch diejenigen, die heute einzahlen, müssen sich darauf verlassen können, dass das Rentenniveau nicht weiter absinkt. Die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bleibt auch künftig die wichtigste Säule in der Alterssicherung in Deutschland. Dafür werben nicht zuletzt die SPD-Abgesandten in der Rentenkommission der Bundesregierung, die im Herbst 2018 ihre Arbeit aufgenommen hat und Vorschläge für die Alterssicherung der Zukunft erarbeiten soll.

 

Mehr Kindergeld, höherer Kinderfreibetrag

Finanzpolitik

Die Große Koalition stärkt Familien. Am Donnerstag hat der Bundestag in 1. Lesung über das so genannte Familienentlastungsgesetz debattiert (Drs. 19/4723). Mit dem Gesetz sollen das Kindergeld erhöht sowie der Kinderfreibetrag und der Grundfreibetrag für Erwachsene angehoben werden. Außerdem sollen die Steuermehreinnahmen aufgrund der kalten Progression zurückgegeben werden. Das macht sich bei jedem auf dem monatlichen Gehaltszettel bemerkbar.

 

SPD-Fraktionschefin Nahles sagt: „Familien sind die wahren Leistungsträger der Gesellschaft.“ Familien zu stärken und zu entlasten, ist deshalb ein wichtiges Ziel der SPD-Fraktion.

Ganz konkret heißt das: Das Kindergeld wird um 10 Euro pro Monat ab dem 1. Juli 2019 angehoben. Der Kinderfreibetrag wird entsprechend erhöht, und zwar um 192 Euro auf 7602 Euro.

Eine weitere Kindergelderhöhung von 15 Euro pro Monat und eine zusätzliche Erhöhung des Kinderfreibetrags auf 7812 Euro wird die Koalition 2021 vornehmen.

Die Gesetzesvorlage führt insgesamt zu einer Steuerentlastung von knapp 10 Milliarden Euro. Die Steuersenkung kommt bei den Bürgern und vor allem bei den Familien unmittelbar an. Ein Beispiel: Eine Familie mit zwei Kindern und einem Jahreseinkommen von 40.000 Euro hat von 2020 an 454 Euro mehr pro Jahr.

Zur Freistellung des steuerlichen Existenzminiums wird der Grundfreibetrag (derzeit 9000 Euro) erhöht. 2019 erfolgt eine Erhöhung um 168 Euro, 2020 um 240 Euro. Um den Effekt der kalten Progression auszugleichen, werden außerdem die Eckwerte des Einkommenstarifs verschoben – dadurch werden alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entlastet.

Das sind erste wichtige Bausteine für ein solidarisches Land und den Zusammenhalt der Gesellschaft. Hinzu werden unter anderem die Erhöhung des Kinderzuschlages kommen, der Abbau von Kitagebühren ebenso wie der Abbau des Solidaritätszuschlages für 90 Prozent der Zahlerinnen und Zahler. Kinder sollen die besten Chancen für ihre Zukunft bekommen, und ihre Eltern sollen sie dabei bestmöglich unterstützen können. Die finanzielle Stärkung, insbesondere von Familien mit geringen und mittleren Einkommen, ist ein wesentlicher Eckpfeiler der familienpolitischen Maßnahmen der Großen Koalition.

 

Neue Chancen auf Teilhabe am Arbeitsleben

Arbeit

In einem solidarischen Land hat jeder eine neue Chance verdient. Auch wenn die Arbeitslosigkeit niedrig ist, gibt es noch viel zu viele Menschen, die schon lange eine Arbeit suchen. Damit finden sich die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht ab. Für sie schafft die Koalition auf Drängen der SPD-Fraktion mit dem Teilhabechancengesetz einen sozialen Arbeitsmarkt, der ihnen neue Chancen auf Teilhabe am Arbeitsleben bietet.

 

Der Bundestag hat am Donnerstag in 1. Lesung dieses Gesetz zum sozialen Arbeitsmarkt debattiert (Drs. 19/4725).

Zum Hintergrund:

Die Lage am Arbeitsmarkt in Deutschland ist so gut wie schon lange nicht mehr. Die Arbeitslosigkeit ist dank Rekordbeschäftigung auf einem niedrigen Stand. Doch noch immer sind rund 800.000 Menschen von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Ohne Unterstützung haben viele von ihnen absehbar keine realistische Chance auf einen regulären Arbeitsplatz. Deshalb wird die Koalition nun einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt mit individuellen Unterstützungs- und Betreuungsangeboten schaffen.

Im Einzelnen:

Für den sozialen Arbeitsmarkt werden den Jobcentern zusätzlich 4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus ermöglicht die Koalition den Jobcentern den so genannten Passiv-Aktiv-Transfer: Damit können die Jobcenter-Leistungen, zum Beispiel der Regelsatz, in einen Lohnkostenzuschuss umgewandelt werden. Es wird also Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanziert.

Mit dem Teilhabechancengesetz werden mit zwei Instrumenten die Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und dem sozialen Arbeitsmarkt verbessert:

  • Langzeitarbeitslose, die mindestens sieben Jahre Leistungen der Jobcenter bezogen haben, sollen über das Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ neue Perspektiven bekommen. Das wird in das Zweite Sozialgesetzbuch eingefügt. Durch Lohnkostenzuschüsse für bis zu fünf Jahre werden sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in der Wirtschaft, in sozialen Einrichtungen und bei Kommunen gefördert. In den ersten beiden Jahren beträgt der Zuschuss 100 Prozent zum Mindestlohn; in jedem weiteren Jahr wird dieser Zuschuss um zehn Prozentpunkte gekürzt.
  • Um bereits früher Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, wird mit dem zweiten Instrument im SGB II „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ eine schon bestehende Fördermöglichkeit von ALG-II-Beziehern geschärft: Ziel ist, Beschäftigte über eine zweijährige Förderung von 75 Prozent der Arbeitsentgelte im ersten Jahr bzw. 50 Prozent im zweiten Jahr in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren.

Ergänzend gilt für beide Gruppen, dass ihnen das Angebot an individueller Betreuung und Qualifizierung offen steht – also ein echtes Coaching.

Für die SPD-Fraktion ist klar: Alle Menschen müssen die Chance bekommen, durch ihre Arbeit für sich selbst sorgen zu können. Das schafft mehr Teilhabe und eröffnet neue Perspektiven. Es ist sozialdemokratische Politik für ein solidarisches Land.

 

Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes im Irak unter Vorbehalt

Auslandseinsätze der Bundeswehr

In 1. Lesung hat der Bundestag am Donnerstag den Antrag der Bundesregierung beraten, das Bundeswehrmandat zur Bekämpfung des IS-Terrors und der Stabilisierung des Irak über den 31. Oktober 2018 hinaus fortzusetzen (Drs. 19/4719).

 

Der Antrag sieht vor, den Einsatz der Aufklärungs- und Tankflugzeuge im Rahmen des Anti-IS-Mandates zum 31. Oktober 2019 zu beenden und das Ausbildungsmandat der Bundeswehr im Zentralirak unter Vorbehalt zu verlängern.

Sollte die neu gewählte irakische Regierung unter Einbezug des irakischen Parlaments die Einladung an Deutschland und die geltenden Truppenvereinbarungen bis zum 30. April 2019 nicht in geeigneter Form bestätigen, wird das Ausbildungsmandat zum 31. Oktober 2019 abgebaut und beendet.

Erstmals legt die Koalition damit in der Mandatierung von Auslandeinsätzen fest, dass für die Entsendung der Bundeswehr nicht nur die Zustimmung der ausländischen Regierung, sondern explizit auch die Einbeziehung des nationalen Parlaments in den politischen Willensbildungsprozess gewünscht ist.

 

Wichtiger Beitrag zur Friedenssicherung in Afrika

Außenpolitik

In einem gemeinsamen Antrag mit der Unionsfraktion, den das Parlament am Freitag beraten hat, unterstützen die Abgeordneten die Annäherung von Äthiopien und Eritrea und die unterzeichnete „Gemeinsame Erklärung von Frieden und Freundschaft“.

 

Diese im Juli unterzeichnete gemeinsame Erklärung zwischen Äthiopien und Eritrea ist ein historischer und mutiger Schritt, denn damit wird ein seit fast 20 Jahren andauernder Grenzkonflikt, der 100.000 Todesopfer forderte, potenziell beendet. Die Menschen in Äthiopien und Eritrea sehnen sich nach Aufbruch und Veränderung.

Der nun entstandene Dialog zwischen den beiden Ländern bietet weitreichende neue Entwicklungsmöglichkeiten. Die Bundesregierung sollte deshalb den Friedensprozess, aber auch den vom äthiopischen Regierungschef Abiy Ahmed angestoßenen Reformprozess in Äthiopien unterstützen. Auch Eritrea muss jetzt innergesellschaftliche Reformen vorantreiben. Darauf müssen wir hinwirken.

„Die Verbesserung der Lebensbedingungen vor Ort, politisch wie wirtschaftlich, ist eine langfristige Investition in die Sicherheit der gesamten Region“, sagt der Afrikaexperte der SPD-Fraktion Christoph Matschie. Äthiopien, mit über 100 Millionen Einwohnern zweitgrößtes Land in Afrika, spielt eine wichtige Rolle für die Entwicklung der gesamten Region. Der Friedensschluss zwischen Äthiopien und Eritrea ist nicht nur ein Aufbruch zwischen zwei Staaten, sondern kann positive Wirkung auf die Sicherheit am gesamten Horn von Afrika haben.

Auch für Deutschland spielt der angesprochene Friedensprozess mit allen seinen positiven Möglichkeiten eine Rolle und das nicht nur, weil viele Flüchtlinge aus Eritrea in Deutschland Asyl gefunden haben. Die Entwicklungen Europas und Afrikas sind eng miteinander verknüpft. Europa kann Wohlstand und Sicherheit nur dauerhaft erhalten, wenn unser Nachbarkontinent eine positive Entwicklung nimmt. Es ist deshalb umso wichtiger, dass beide Kontinente gemeinsame die Zukunft gestalten.

 

Positionspapier: Vertrauen zwischen dem Westen und Russland wieder aufbauen

Außenpolitik

Am Dienstag hat die SPD-Bundestagsfraktion ein Positionspapier zur Außenpolitik beschlossen. Darin machen die SPD-Abgeordneten konkrete Vorschläge, verlorengegangenes Vertrauen zwischen dem Westen und Russland wieder aufzubauen, um die gegenwärtigen Spannungen zu überwinden und über das langfristige Ziel einer europäischen Friedensordnung verhandeln zu können.

 

Für die SPD-Fraktion ist klar, dass die Achtung und Einhaltung völkerrechtlicher, rechtsstaatlicher und menschenrechtlicher Prinzipien selbstverständlich darin verankert sein müssen.

Konkret gefordert wird eine engere Kooperation mit Russland in politischen und wirtschaftlichen Fragen. „Wir sollten und dürfen den derzeitigen Antagonismus zwischen Russland und dem Westen weder als natürlichen noch als Dauerzustand akzeptieren“, heißt es in dem Text. Demnach müsse es ein „Ende der Konfrontation“ im militärischen Bereich, eine „Fortsetzung des Dialogs im Nato-Russland-Rat“ sowie zusätzliche Gespräche „über nukleare und konventionelle Abrüstung“ geben.

Zugleich spricht sich die SPD-Fraktion für einen europäischen Ansatz in der Russlandpolitik aus. Vorbehalte unserer östlichen Nachbarn gegenüber Russland dürften dabei nicht ignoriert werden. Wörtlich heißt es in dem Beschluss: „Eine isolierte deutsche Russlandpolitik wird es daher auch künftig nicht geben“.

Das Positionspapier ist hier nachzulesen:

https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier-spdfraktion-dialog-vertrauen-sicherheit-20181009.pdf

 

Für ambitionierte CO2-Grenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge in der EU

Klimaschutz

Die SPD-Fraktion hat am Dienstag ein Positionspapier zum Klimaschutz beschlossen („Chancen nutzen und Klimaziele unterstützen“). Sie setzt sich dafür ein, dass bei neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen die Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2021 um 40 Prozent gesenkt werden sollen.

 

Im Beschluss heißt es: „Je ambitionierter die Grenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge auf EU-Ebene sind, desto weniger zusätzliche Maßnahmen sind auf nationaler Ebene im Klima-schutzgesetz notwendig, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Wer sich gegen ambitionierte CO2-Grenzwerte auf EU-Ebene ausspricht, muss beantworten können, welche zusätzlichen nationalen Maßnahmen stattdessen ergriffen werden sollen.

Das Positionspapier ist hier nachzulesen:

https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positonspapier-spdfraktion-co2-grenzwerte-09.10.2018.pdf

 

Für einen europäischen Bildungsraum über die EU-Grenzen hinaus

Bildung

Zusammen nach Wissen zu streben, für alle die gleichen Chancen zu verwirklichen, die Freiheit der Wissenschaft zu schützen: Das ist der europäische Bildungsraum, für den sich die SPD-Bundestagsfraktion einsetzt. In einem gemeinsamen Antrag fordert die Koalition deshalb konkrete Maßnahmen, um diese Ziele zu unterstützen.

 

Was ist das Alleinstellungsmerkmal eines europäischen Bildungsraums? Die Antwort darauf liefert ein Antrag (Drs. 19/4846) der Fraktionen von CDU/CSU und SPD. Bereits im Mai 2018 hatte die Arbeitsgruppe Bildung und Forschung der SPD-Bundestagsfraktion ein Positionspapier formuliert. Dort wagte sie eine neue Vision für Bildung und Forschung in Europa. Der vorliegende Antrag greift daraus drei zentrale Bereiche auf:

Mobilität, Austausch und Vergleichbarkeit

20 Europäische Hochschulen bis 2024: Auf dieses Ziel haben sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union geeinigt. Deshalb fordern die Koalitionsfraktionen, dass die Bundesregierung sich engagiert, diese Idee konzeptionell zu gestalten und umzusetzen. Dabei soll das Bottom-Up-Prinzip gelten. Das heißt also: bereits bestehende Hochschulpartnerschaften und Hochschulen müssen weiterentwickelt werden, damit Studierende in mehreren EU-Ländern forschen und einen Abschluss erreichen können.

Ausgebaut werden muss das Nachfolgeprogramm für Erasmus Plus. Dazu sind unter anderem die Verdoppelung der finanziellen Mittel, weniger Bürokratie sowie ein stärkerer Fokus auf Jugend, berufliche Bildung und lebenslanges Lernen nötig. Besonders wichtig war der SPD-Fraktion, Maßnahmen und Projekte für politische Bildung zu stärken. Dadurch soll Erasmus einen noch größeren Beitrag zu Demokratie und Zusammenhalt in Europa leisten.

Große Unsicherheit verursacht der Brexit bei betroffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Deshalb ist ein klares Signal nötig: die enge Zusammenarbeit zwischen Hochschulen in der EU und dem Vereinigten Königreich (VK) wird auch in Zukunft fortgesetzt werden – egal ob ein Brexit-Deal zustande kommt oder nicht. So oder so bleibt das VK nämlich Teil des Europäischen Hochschulraums. Damit kann es auch in Zukunft am Erasmus-Programm teilnehmen. Darüber hinaus müssen aber vom Brexit betroffene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützt werden, wenn es um Fragen zu Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen geht.

Bildungsgerechtigkeit

Bildungsteilhabe heißt heue auch Zugang zu digitalem Wissen. Deshalb soll die Bundesregierung nicht nur ihre eigene Digitalisierungsstrategie konsequent umsetzen. Vielmehr soll Deutschland auch die Zusammenarbeit mit den anderen EU-Mitgliedsländern ausbauen. Zudem muss sie dort Unterstützung leisten, wo nationale Digitalisierungsstrategien noch erarbeitet, weiterentwickelt oder besser umgesetzt werden müssen.

Auch in der beruflichen Bildung ist mehr Zusammenarbeit nötig. Dazu soll die Europäische Ausbildungsallianz gestärkt und noch besser genutzt werden, um die berufliche Bildung EU-weit zu modernisieren und mehr Ausbildungsplätze mit Zukunftsperspektiven zu schaffen – gerade für junge Menschen. Damit Beschäftigte in jedem Land der EU arbeiten können, soll außerdem die Berufsanerkennungsrichtlinie ausgebaut werden. So können Berufsabschlüsse als gleichwertig anerkannt und den Berufsangehörigen freier Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt gewährt werden.

Wissenschaftsfreiheit und institutionelle Autonomie

Maßstäbe in Bildung und Forschung setzen muss die EU auch jenseits ihrer Grenzen. Das gilt insbesondere für die Wissenschaftsfreiheit, die im europäischen Hochschulraum bedroht wird. Dafür sind die Türkei oder Russland Negativbeispiele. Deshalb fordern die Koalitionsfraktionen, dass die Bundesregierung mit der EU für die gemeinsamen Werte eintritt.

Bedrohte Studierende, Forschende, aber auch Kunstschaffende müssen durch Förderprogramme ihre Arbeit in Deutschland fortsetzen können. Wichtig ist darüber hinaus, dass sich die Wissenschaft noch stärker für die breite Gesellschaft öffnet. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen für alle zugänglich sein, beispielsweise durch Bürgerdialoge und Projekte wie Citizen Science.

 

Stärkung der Rechte intersexueller Menschen – Änderung der Angaben im Geburtenregister

Inneres

Die bisherige Beschränkung der personenstandsrechtlichen Registrierung des Geschlechts bei der Geburt auf „männlich“ und „weiblich“ bzw. keine Angabe, wenn ein Kind keinem der beiden Geschlechter zugeordnet werden kann, ist verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr festgestellt. Die Koalition handelt nun.

 

Mit einem Gesetzentwurf zur Änderung der im Geburtenregister einzutragenden Angaben, den der Bundestag am Donnerstag erstmals beraten hat, stärkt die Koalition die Rechte intersexueller Menschen (Drs. 19/4669). Demzufolge wird die Eintragung in das Geburtenregister neu geregelt, sodass zukünftig die Möglichkeit besteht, neben keiner Angabe, „männlich“ und „weiblich“ auch „divers“ anzugeben.

Intersexuelle Menschen haben zukünftig nach Vollendung des 14. Lebensjahres die Möglichkeit, die Zuordnung im Geburtseintrag und gegebenenfalls auch den Vornamen mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters frei selbst zu bestimmen.